Ulrich Gutmair liest und Nein Danke spielen anarchische elektronische Tanzmusik
Ulrich Gutmair – "Wir sind die Türken von morgen. Neue Welle, neues Deutschland" handelt von einer kulturellen Revolution. Ende der 1970er Jahre empfahlen Intellektuelle "deutsche Identität" als Therapeutikum gegen eine angeblich orientierungslose Gesellschaft. Junge Punks zogen es vor, sich lieber selbst neu zu erfinden. Möglichst grell, laut und provokativ.
Die Löcher in ihren T-Shirts und Jeans verwiesen auf die allgemeine Kaputtheit der Verhältnisse. Sie waren im Nachkriegsdeutschland ein Skandal, weil die Heile Welt keine Risse aufweisen sollte.
Deutschland war längst zu einem Einwanderungsland geworden. Doch die Mehrheitsgesellschaft tat sich schwer, das zu akzeptieren. Die satirische Antwort von Gabi Delgado-Lopez auf deutsche Überfremdungsangst lautete: "Wir sind die Türken von morgen." Er und einige andere Kinder von Migrant*innen leisteten einen wesentlichen Beitrag bei der Erfindung einer deutschen Pop-Sprache. Bald wurde die neue Bewegung "Neue deutsche Welle" genannt. Das "deutsch" in ihrem Namen bezog sich auf die Sprache, nicht das Land.
Die Künstler*innen der Neuen Welle reflektierten den Alltag in einer Gesellschaft, die immer noch von autoritären Normierungszwängen geprägt war. Die Punks machten sich über alte und neue Nazis lustig. Junge Frauen gründeten gegen den Widerstand breitbeinig auftretender Männer Bands. Dann sangen sie munter über ihr Begehren, um das Patriarchat zu ärgern. Nicht zuletzt spielten die Styles und Texte der Neuen Welle mit den Geschlechterrollen. Sie propagierten eine spielerische Form von Queerness. "Wer sind denn da die Mädchen? Wer sind denn da die Boys?", fragten etwa The Wirtschaftswunder aus Limburg. Ihr Sänger war ein junger Gastarbeiter aus Sizilien.
NEIN DANKE
Kleine Pause, große Pause, Menopause, Tod! Nein Danke sind die Lieblingsband deiner beschissenen Kindheit. Anarchische elektronische Tanzmusik zwischen Pisse und IDEAL. Du kannst sie hassen oder lieben, ignorieren kannst du sie nicht.
Im August 2022 wurde das Duo aus Hass und Frust geboren. Eigentlich wollten sie ein Darkwave Album rausbringen, aber das
wurde ihnen zu langweilig, also haben Adnan und Nadine es kurzerhand in die Tonne getreten und ihre erste Single Planet
Helmut geschrieben. Die von Bierschinken und Away From Life (Regina) hochgelobte ACID PUNK EP haben sie in Adnans Schlafzimmer selbst geschrieben, produziert und gemischt. Kurz danach liefen sie im Zündfunk als vielversprechende feministische Nachwuchspunkband, einer Mischung aus NDW und Garage Lofi Punk.
Während die Gatekeeper des Altherren- Punkrock die Nase rümpfen, hatten die toten Crackhuren im Kofferraum sie schon auf Tour dabei und der Zündfunk hat sie auf die Bands to watch 2023 Liste gesetzt. Daneben waren sie schon Support für Acht Eimer Hühnerherzen und Erregung Öffentlicher Erregung.
Linus Volkmann meint „Wegen solcher Acts wurde einst Audiolith gegründet. Ravepunk als Stimmungsaufheller, spart zudem Monster Energy.“ „Nein Danke spielen feministischen, antiätzenden Acid Punk – frei von Essenzialismen und vermeintlichen Wahrheiten “, schreibt die taz.
Mit ihrer aktuellen Single „alte weiße Männer“ bewegen sie sich klanglich weg vom Lofi, behalten aber die Punk-Attitüde und den feministischen Anspruch. Auch der Rest des Albums ist darauf ausgelegt, möglichst laut auf den großen und kleinen Anlagen des Landes gespielt zu werden. Augen auf beim Eierkauf!
Sa, 11. Mai 2024, Einlass 19:30 Uhr, Beginn 20:00 Uhr, VVK € 12/6 erm. ; AK € 14/7 erm.